Prospect-Studie - Neoadjuvante FOLFOX-Chemotherapie beim lokal fortgeschrittenen Rektumkarzinom

Die neoadjuvante Radiochemotherapie (nRCT), ggf. als total neoadjuvante Therapie durchgeführt, ist der leitliniengerechte Therapiestandard für das lokal fortgeschrittene Rektumkarzinom des unteren und mittleren Rektumdrittels. Die Lokalrezidivrate konnte dadurch auf unter 10 % gesenkt werden. Allerdings hat insbesondere die Bestrahlung des kleinen Beckens negative Auswirkungen auf den Schließmuskel, die Entleerungsfunktion des Neorektums (anteriores Resektionssyndrom) und die urogenitale Funktion.

Die multizentrische, randomisierte PROSPECT-Studie zielte darauf ab, die Hypothese zu überprüfen, ob neoadjuvant FOLFOX der klassischen nRCT bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem Rektumkarzinom nicht unterlegen ist. Eingeschlossen waren Patienten mit Rektumkarzinom im klinischen Stadium T2, N + und T3, N –/+, M0 mit einer geplanten sphinktererhaltenden Operation. Primärer Endpunkt der Studie war das krankheitsfreie Überleben (DFS) im Sinne einer Nicht-Unterlegenheit des FOLOX-Arms.

Zwischen Juni 2012 und Dezember 2018 wurden insgesamt 1128 Patienten multizentrisch randomisiert,  585 in den FOLFOX-Arm und 543 in den nRCT-Arm. Für beide Gruppen war die Rate an adjuvanter Chemotherapie vergleichbar: 74,9 % in der FOLFOX-Gruppe und 77,9 % in der nRCT-Gruppe. Die FOLFOX-Therapie zeigte sich im Vergleich zur nRCT bei einem durchschnittlichen Follow-up von 58 Monaten im Hinblick auf das krankheitsfreie Überleben (DFS) als nicht unterlegen. Das 5-Jahres-DFS lag in der FOLFOX-Gruppe bei 80,8 % und in der nRCT-Gruppe bei 78,6 %. Bei den beiden Gruppen gab es keine Unterschiede im 5-Jahres-Gesamtüberleben mit 89,5 % vs. 90,2 %. Die 5-Jahres-Lokalrezidivrate für beide Behandlungsarme war ebenfalls vergleichbar niedrig mit 1,8 % im Vergleich zu 1,6 %.

Die PROSPECT-Studie zeigt auf hohem Evidenzniveau, dass die neoadjuvante FOLFOX-Therapie im Hinblick auf das DFS der nRCT bei Patienten mit Rektumkarzinom im klinischen Stadium T2, N0 bis T3, N+, M0 nicht unterlegen ist, eine optimale lokale Therapiekontrolle ermöglicht (Lokalrezidivrate < 2 %) und zu einem vergleichbaren Gesamtüberleben führt. Die Ergebnisse zeigen auch, dass 98,6 % der FOLFOX-Patienten keine zusätzliche Radiochemotherapie benötigten.

Die Ergebnisse der Studie müssen allerdings kritisch interpretiert werden, da ungefähr 50 % der Patienten ein klinisches Tumorstadium von T2/3, N0 aufwiesen und somit gemäß den Empfehlungen der Leitlinien keine Indikation für eine neoadjuvante Therapie bestand. Für diese Patienten stellen sowohl FOLOX als auch nRCT eine potenzielle Übertherapie dar. Die aktuelle Studie berücksichtigt auch nicht die Konzepte des Organerhaltes/Watch-and-Wait, zumal die pCR-Rate (pathologische Komplettremission) in beiden hier vorgestellten Therapiearmen bei über 20 % lag.

Quelle

Schrag D et al Preoperative Treatment of Locally Advanced Rectal Cancer. N Engl J Med. 2023 Jul 27;389(4):322-334.